Was haben Zen, Mondo Zen und 'Integral' miteinander zu tun?
Ohne hier eine erschöpfende Erklärung geben zu wollen, was denn 'Zen' oder 'Mondo Zen' ist, möchte ich gerne ein paar Aspekte herausstellen um deutlich zu machen, warum ich eine integrale Form von Mondo Zen für etwas so Besonderes halte und warum es meine bevorzugte Praxisform ist.
Und wie immer geht es mir hier nicht darum, eine 'richtige' oder 'vollständige' Definition zu geben. Was ja wohl auch alleine bei dem Begriff 'Zen' ein recht gewagtes Unterfangen wäre.
Es geht mir hier vielmehr darum, einen hilfreichen Blick darauf zu werfen, wodurch sich Integrales Zen von anderen Praxisformen und 'Modellen' unterscheidet und warum das vielleicht in dem Kontext der hier auf diesen Seiten behandelten Themen eine wichtige ergänzende Perspektive und vor allem Praxis sein könnte.
Die Kurzform:
Zen:
Ist die in Japan entstandene Form buddhistischer Philosophie und Praxis, die in einer ununterbrochenen Linie (über China nach Indien) bis zurück zu Siddartha Gautama (genannt der 'Erwachte' (Buddha)) geht. In der Zen-Praxis üben wir einerseits, die Wirklichkeit so unmittelbar wie möglich zu erfahren und zu erkennen, wer wir wirklich sind (bzw., wer wir eben nicht sind).
Mondo Zen:
Ist eine geniale Dialogform, die als Ergänzung zu einer spirituellen Praxis erstaunliche Einsichten hervorbringen kann.
Integral:
Die Integrale Landkarte hilft uns, so ziemlich alle Themen oder Lebensbereiche vollständiger und - so es denn ein Ziel gibt - zielgerichteter betrachten und praktizieren zu können.
Weiterhin neugierig?
Ok, dann zäumen wir das Pferd als mal 'von hinten' auf, bzw. schauen uns die Details in der Reihenfolge ihrer Entstehung an.
Was ist Zen?
Diese Frage hier auch nur ansatzweise beantworten zu wollen, wäre anmaßend. Also lass ich das.
Über Zen gibt es viel zu sagen, nichts davon wird dem 'worum es im Zen geht' im Geringsten gerecht.
Aber - wirst Du vielleicht zurecht schon aufmerken - geht es denn überhaupt um etwas im Zen?
Ist nicht genau die völlige Absichtslosigkeit eines der Merkmale von Zen?
Mit Absicht zur Absichtslosigkeit
Hier gehen die Schwierigkeiten und Paradoxien schon los. Ja, das ist richtig.
Und - wenn ein wichtiger Aspekt im Zen die 'Absichtslosigkeit' ist, wie kann ich die denn erreichen, wenn meine übliche Alltagserfahrung wahrscheinlich nicht gerade die völliger Absichtslosigkeit ist?
Braucht es dann nicht vielleicht auch eine Absicht, damit ich zu dem Erkennen / Erleben von Absichtslosigkeit komme?
Genau deswegen gibt es ja im Zen (wie in anderen Traditionen auch) eine Reihe von Praxis-Formen, die ich (mit Absicht!) üben kann.
Im Zen sind das (neben anderen) die Sitzmeditation (ZaZen), die Gehmeditation (Kinhin), das Arbeiten mit Koans oder der Dialog mit dem Meister (Mondo). Dazu später mehr.
All dies sind Praxis-Formen, die mich darin unterstützen sollen, in ein (möglichst permanentes) annehmendes Gewahrsein all dessen, was jetzt ist zu kommen und das zu halten. Die Form ist nur die äußere Form, der dahinter liegende Zweck / die Absicht eine andere. So viel zum Thema Absichtslosigkeit.
Eine andere mögliche Beschreibung dessen, worum es im Zen geht, gefällt mir besonders gut: 'radical acceptance' (radikale Akzeptanz).
Aber, wirst Du vielleicht wieder einwenden: sind denn 'radikale Akzeptanz' und 'Absichtslosigkeit' nicht fast dasselbe?
Ja, auch dem würde ich zustimmen. Wobei bei der 'Akzeptanz' der Fokus ein klein bisschen ein anderer ist: in der Absichtslosigkeit bin ich eher passiv, ich will nichts Bestimmtes, ich lehne auch nichts Bestimmtes ab. Womit ich schon einen ganz guten Umgang mit zweien der drei 'Geistesgifte' (Anhaftung, Ablehnung, Ignoranz) praktiziere: weder greife ich (absichtsvoll) nach etwas (Anhaftung) noch schiebe ich etwas weg oder negiere eine Erfahrung (Ablehnung). Was m.E. in der 'radikalen Akzeptanz' noch etwas deutlicher zum Ausdruck kommt, ist das wache Erkennen, das gewahr sein von Allem was ist. Also quasi ein bewusst alle meine (inneren wie äußeren) Sinne aufsperren und auf das Lauschen, was jetzt in diesem Moment ist, ohne in irgendeiner Form mit meinem Wollen einzugreifen (damit so was wie das Antidot zur Ignoranz).
Akzeptieren, dass 'Ich' nicht alles akzeptieren kann
Dazu gehört dann z.B. auch, vielleicht nach innen zu lauschen und gewahr zu sein, dass 'Ich' gerade überhaupt nicht akzeptieren kann, wie mein Gegenüber mit mir oder jemand anderem umgeht. Hier geht es auch nicht darum, das was im Außen passiert absolut zu akzeptieren, sondern zunächst einmal das damit verbundene innere Erleben in mir. Und das kann z.B. bedeuten, dass ich gerade mit Schmerz, mit Trauer oder Wut zu tun habe oder ich schlicht erkenne, dass mein Gegenüber eine Handlung vollbringt, die gestoppt werden muss.
Letztlich könnte man also sagen, dass es (unter anderem) im Zen darum geht, alle Präferenzen und Identifikationen meines 'Ich' (Ego) zu erkennen und zu transzendieren.
Weil, wer genau ist es, der nicht alles akzeptieren kann oder will (oder sollte!)?
Na, 'Ich'! Und das ist auch gut so. Ein 'Ich' zu haben, welches eine Meinung, Werte und eine (hoffentlich) hohe Moral hat, ist wichtig und das wollen wir ganz bestimmt nicht loswerden.
Zu erkennen, dass da mehr ist als dieses 'Ich', dass ich die Identifikation damit lösen und mich in die Stille des immer präsenten reinen Gewahrseins hineinentspannen kann ist nicht nur eine beglückende Erfahrung, sondern wird auch die Art, wie mein 'Ich' in der Welt unterwegs ist, grundlegend verändern.
Daher erkennt man langjährige Zen-Praktizierende manchmal daran, dass sie gelassener durch die Welt gehen und mit nicht mehr so vielen oder argen unbewussten Mustern auf schwierige Situationen reagieren.
Was ist Mondo Zen?
Mondo Zen ist ein - wie ich finde - ziemlich genialer Dialog-Prozess, der von dem amerikanischen Zen-Meister JunPo Roshi entwickelt wurde.
Mon heißt so viel wie Dialog, Do ist der Weg. Mondo ist also der Weg des Dialoges.
Unerhört! - über das Unsagbare sprechen
In der Mondo Zen Praxis üben wir damit etwas, was für viele Zen-Praktizierende zunächst einmal schwer verdaulich scheint: wir reden während der Praxis über die Praxis und halten das auch noch für die Praxis.
Wie kann das gehen? Welchen Sinn soll das machen?
Nun, eines, was die Zen-Meister aller Zeiten erkannt haben ist, dass wir nirgendwo hin müssen. Dass es nichts zu erreichen gibt (daher die Absichtslosigkeit). 'Erleuchtung ist Dir näher als Dein eigenes Gesicht'.
Na prima. Und warum erfahre oder erkenne ich das dann nicht?
Ganz einfach, weil da etwas (oder jemand) im Wege ist. Rate mal, wer das sein könnte?
Richtig, Du!
Die Identifikation mit dem 'Ich' auflösen
Ok, also geht es dann darum, das Ego (mein 'Ich') loszuwerden? Muss dann 'mein Ego auf dem Kissen sterben'?
Nein, besser nicht. Wir brauchen ein (möglichst waches) Ich, um in dieser komplexen Zeit und Gesellschaft unterwegs sein und mit anderen interagieren (und z.B. vielleicht die Klimakatastrophe doch noch abwenden) zu können.
Was wir mit dem Mondo Zen Dialog Prozess machen, ist das 'Ego zu dekonstruieren', es 'umlernen zu lassen' (Ego-reeducation) und es wieder zu rekonstruieren. Wir führen Dich mit ein paar cleveren Koans recht zuverlässig in die Erkenntnis allgegenwärtigen 'reinen gewahr seins' jenseits Deiner Identifikation mit Deinem Ego und führen gleichzeitig einen Dialog mit dem Ego.
Es sind drei Aspekte, die aus meiner Erfahrung den Mondo Zen Prozess so einmalig und hilfreich machen:
- er führt (wenn von einem erfahrenden Facilitator angeleitet) alle Beteiligten ziemlich zuverlässig zumindest in eine flüchtige Erfahrung eines 'Geschmacks' reinen Gewahrseins ('Zeugenbewusstsein'). Allein dies verändert für viele schon ihre eigene Meditations-Praxis, weil auf einmal viel klarer ist, 'wofür ich eigentlich meditiere' (oder woran ich denn erkenne, wenn sich eine erwünschte Veränderung einstellt).
- indem wir den (zu recht) kritischen Verstand 'mitnehmen' und an dem Dialog beteiligen, beginnt er langsam zu verstehen, dass er das, 'worum es im Zen geht' nie wird verstehen können. Er erkennt aber, warum er es nicht verstehen kann und warum vielleicht genau das verstehen wollen Teil des Problems ist. So fällt es ihm (dem Verstand) künftig zunehmend leichter, 'aus dem Weg zu gehen' und den Blick freizugeben auf das, was eigentlich so unübersehbar die ganze Zeit hier ist.
- setzen wir während des Prozesses sprachliche und körperliche Anker, mit denen wir die unmittelbare Erkenntnis reinen Gewahrseins mit einem Begriff oder einer Geste verknüpfen. Dadurch kann später das willentliche wieder Aufrufen dieses Ankers dabei helfen, unser Ich an die Seite treten zu lassen und uns in die Erkenntnis reinen Gewahrseins / des Zeugenbewusstseins hinein zu entspannen.
Zu Details zu dem Mondo Zen Prozess empfehle ich Dir die Lektüre des (gekürzten) Handbuches, welches Du hier ansehen oder herunterladen kannst.
Und was macht dann Mondo Zen 'Integral'?
Ok, was 'Integral' meint, erkläre ich jetzt nicht ausführlich. Dazu gibt es auf diesen Seiten ja bereits jede Menge Medien und Informationen.
Aber was bringt das Integrale an Zusätzlichem zu dem ohnehin schon so genialen Mondo Zen?
Auch JunPo Roshi hatte ja bereits erkannt, dass das traditionelle, sehr durch die japanische Kultur geprägte Zen nur bedingt für in der Postmoderne im Westen lebende Menschen geeignet ist. Also hat er, als er aus seiner Zeit in Japan (wo er ein Kloster leitete) nach Amerika zurück kam, Dinge wie vegetarische Ernährung, Yoga und psychologische Schattenarbeit hinzugefügt und die Betonung mancher traditioneller Praxiselemente weggelassen.
"We kept the baby, but changed the bathwater"
JunPo Roshi
Insofern ist der Mondo Zen Prozess als solcher schon recht 'integral'.
Grow Up - Wake Up - Clean Up - Show Up
Was (aus meiner Erfahrung) das Ganze aber noch mal wesentlich bereichern und vertiefen kann, ist eine konsequente Anwendung der integralen Landkarte, um z.B. unser Ego, unser Ich und die Aspekte, die es ausmacht, besser zu verstehen. Je klarer wir erkennen und wissen, was denn so ein 'Ich' ist und wie es entstanden / geworden (konstruiert) ist, desto leichter fällt es dann, eben dieses Ich zu 'dekonstruieren'.
Vieles von diesem Wissen ist in der buddhistischen Philosophie bereits enthalten. Die stammt allerdings aus einer ganz anderen Kultur und Epoche und einer Zeit, in der noch nicht so viel Wissen über die psychologischen Strukturen unserer Psyche vorhanden war.
Die Nutzung der integralen Landkarte hilft daher einerseits, buddhistische Philosophie geschickt mit westlicher Psychologie zu verbinden und andererseits eine Sprache zu verwenden, die vielen von uns hier im Westen leichter zugänglich ist als die traditioneller buddhistischer Philosophie.
Des Weiteren wird sehr viel deutlicher, wie denn genau die psychologischen Schatten (die in der buddhistischen Lehre überhaupt noch nicht vorkamen) hier eine Rolle spielen und wie wir dann eine gezielte (am besten integrale) Schattenarbeit am sinnvollsten mit in die Praxis integrieren.
Insofern profitiert also unsere 'Wake Up' Praxis sehr von der integralen Erweiterung.
Wenn wir unsere Entwicklung in Richtung eines integralen '2nd Tier' Bewusstseins ernst nehmen, dann werden wir uns um alle diese Bereiche des Grow Up - Wake Up - Clean Up kümmern müssen. Das Show Up wird dann unweigerlich folgen.
Nach meinem Verständnis bedingt ein 2nd Tier Bewusstsein nicht nur die entsprechenden Bewusstseins-Strukturen (die sich durch entsprechendes Wachstum auf verschiedenen Entwicklungs-Linien zeigen), sondern auch eine stabile transpersonale Perspektive ('vantage point'), aus der heraus ich auf die Welt und meine eigenen inneren Anteile schauen kann, ohne daran übermäßig anzuhaften (bzw. mit ihnen identifiziert zu sein). Umgekehrt profitiert also mein 'Grow Up' von dieser Art der spirituellen Praxis.
Um tiefer in diese Materie einzusteigen empfehle ich das Online Seminar 'Integrale Spirituelle Praxis' (s.u.).
'Wissen schützt vor Erfahrung'
So, wenn Du bis hierher gelesen hast, dann weißt Du jetzt einiges über Integrales Zen.
Wie aber ein guter Freund von mir es schön ausdrückt: 'Wissen schützt vor Erfahrung'
Oder, wie es in einem Zitat von Buddha überliefert ist:
Traue nicht den Lehrern. Traue keiner Lehre, traue keiner Institution.
Traue nur dem, was nach Deiner eigenen Erfahrung wahr ist.
Also, mach Dich doch am besten mal auf den Weg und nimm an unserer Praxisgruppe teil!
Integrales Zen
Online-Seminar und 8wöchige Praxis-Gruppe
Dieses 8wöchige Online-Seminar bietet dir die Grundlagen für deine individuelle Integrale Zen Praxis.
Wir erarbeiten uns die theoretischen Grundlagen und lernen verschiedene Praxisformen kennen, mit Hilfe derer du deine eigene integrale Transformation (Wake Up!) unterstützen kannst.
Hinweis: dieser Kurs ist die Voraussetzung für die Teilnahme an der regelmäßigen Praxis-Gruppe (Sangha).
Termin | - nach Wahl - |
verfügbar | 0 |
Preis | 495 € für 8 Wochen(ermäßigt: 450 € / 390 €) |
MwSt. | inkl. 19% MwSt. |
Bereich | 🧘 Wake Up! |
Art | Integrale Zen Praxis |
Dauer | 8 Wochen |
Ort | Integrale Akademie |